Ebis Albtraum

Ebi steht im Bahnhof und schläft. Es ist stockdunkel. Alle Lichter sind aus. Doch plötzlich regt sich etwas. Kleine hässliche Kerlchen tanzen durch den Zug. Da springt ein Kaugummi von der Unterseite eines Sitzes und tanzt mit den Dreckbatzen, die ein Fahrgast unter dem Stiefel hatte, einen wilden Rapp. Die achtlos weggeworfenen Schnupftücher wirbeln durch die Luft und treffen sich dort mit Brotkrümeln und Papierschnipsel, die von den Sitzen und vom Boden  aufgestiegen sind. Selbst die Colaflecken auf dem Fußboden ziehen sich zusammen und bilden einen schrägen schlürfenden Chor.  Sie alle tanzen wild und laut durcheinander, so laut, dass Ebi plötzlich  munter wird. Schweißgebadet schaut er sich nach den Kaugummis, Brotkrumen und Dreckklumpen um. Doch die liegen alle noch ganz ruhig da. Hat er das alles nur geträumt?

Nicht ganz. Nach einem langen Tag auf den Schienen hat sich doch leider wieder so einiges an Dreck und Unrat angesammelt. Ebi runzelt die Stirn. Was manchen Leuten so alles aus den Taschen und Fingern fällt…?! Er erinnert sich an den Mann, der heute sein volles Taschentuch auf den Boden geworfen und sich dabei noch umgeschaut hat, dass ihn auch niemand beobachtet. Oder das junge Mädchen, das die Krümel von ihrem Streuselkuchen achtlos um sich verteilt hat. Ebi hätte sich am liebsten geschüttelt. Er legt so großen Wert darauf, sauber und ordentlich zu sein, wenn die kleinen und großen Fahrgäste einsteigen und mit ihm unterwegs sind.  Und dann so etwas!

Doch da hört er es plötzlich poltern und rascheln. Auf dem Nachbargleis steht Stella. Bei ihr gehen gerade alle Lichter an. Eine Frau und ein Mann steigen mitten in der Nacht bei Stella. Sie sind beladen mit Müllsäcken, Besen, Eimern und Wischlappen. Voller Eifer machen sie sich an die Arbeit, leeren die Mülleimer, sammeln Schnipsel und Schnupftücher, kehren, wischen und putzen alles wieder blitzblank. Ebi atmet auf. Die fleißigen Leute vom Reinigungsservice (oder schreiben wir Bahnreinigung?) sind da. Wie die Heinzelmännchen erscheinen sie jede Nacht. Wenn sie bei Stella fertig sind, kommen sie gleich auch zu ihm und räumen den ganzen Dreck weg. Und dann reinigen sie noch die anderen Züge – jede Nacht, wenn alles schläft.

Bloß gut, dass es sie gibt, denkt Ebi. Obwohl – sie würden sich auch freuen, wenn nicht so viel herumliegen würde. Dann hätten sie weniger Stress. Schließlich dauert es eine ganze Weile bis alle Züge blitzblank sind. Und keiner darf zu spät fertig werden. Denn alle müssen ganz früh am Morgen pünktlich ausfahren, um die Kinder zur Schule und die Erwachsenen zur Arbeit zu bringen.

An Schlaf ist nicht mehr zu denken. Aber Ebi ist froh, dass er nun wieder schön sauber den neuen Tag beginnen kann.